Meran
Vor der Gründung eigener Maler- und Bildhauerwerkstätten in St. Martin in Passeier bildete die Stadt Meran den wichtigsten Bezugspunkt für Kunstaufträge aus dem Passeiertal. Hier war der aus Rottenbuch in Oberbayern stammende und bei Carl Loth in Venedig ausgebildete Matthias Pußjäger (1654-1734) seit 1682 als führender lokaler Maler des Hochbarock tätig. Pußjäger schuf zahllose Altargemälde für Kirchen der Stadt Meran und des Burggrafenamts, aber auch für weiter entfernte Standorte in Tirol und im süddeutsch-österreichischen Raum. Im Passeiertal zeigen die Seitenaltarbilder der Pietà in der Pfarrkirche von Moos und der Heiligen Familie in der Pfarrkirche von St. Martin die ins Braun- und Grau-Monochrome tendierende Farbigkeit und die dramatischen Hell-Dunkel-Konstraste, die für Pußjäger als Loth-Schüler so charakteristisch sind. Der Mooser Kurat Michael Winnebacher stiftete ein von Pußjäger gemaltes Seitenaltarbild mit der Marienvision des Hl. Philipp Benitius in die Wallfahrtskirche Maria Weißenstein. Matthias Pußjäger war wohl der Lehrer des Meraner Malers Sebastian Perger, bei dem wiederum der in Meran geborene Nikolaus Auer seine erste Ausbildung erfuhr. Perger, dessen Schaffen bislang kaum erforscht ist, kommt als Schöpfer der Gemälde des rechten Seitenaltars sowie der Fahnenblätter mit den Sieben Schmerzen Marias in der Pfarrkirche von Moos infrage. Mit Mathias Leiter aus Marling wurde im Jahr 1666 ein bedeutender Bildschnitzer in Meran als Inwohner aufgenommen, der dort bis zu seinem Tod 1706/07 tätig war. Für das Passeiertal lieferte Leiter etwa die Gruppe des "Heiligen Wandels" (Rückkehr der Heiligen Familie aus Ägypten bzw. aus dem Tempel) im Besitz der Pfarre St. Martin.
In der Folge erhielt erst wieder in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ein in Meran ansässiger Maler eine Reihe von Aufträgen aus dem Passeiertal. Es handelt sich um Josef Wengenmayr (1723-1804) aus Leiningen, der 1748 die Erbtochter des Meraner Malers Josef Anton Prenner, eines Schwiegersohns von Matthias Pußjäger, heiratete. Wengenmayr war für Kirchen der Stadt Meran und des Burggrafenamts als Altarmaler und Freskant tätig. Von ihm stammt das Blatt des Letzten Abendmahls am Heilig-Blut-Altar der Pfarrkirche von St. Martin in Passeier, dessen Skulpturen in der Werkstatt des Anton Ferner entstanden. Auch der Dreikönigsaltar in der Pfarrkirche von Hafling ging aus der Zusammenarbeit von Wengenmayr und Ferner hervor. Für die Pfarrkirche von St. Leonhard in Passeier bemalte Wengenmayr mehrere Figuren einer Bretterkrippe. Mit seinen schlanken, bewegten Figuren ist Wengenmayr bereits ein charakteristischer Vertreter des Rokoko.
Von den Vertretern der Passeirer Malerschule hielt sich Johann Evangelist Holzer im Jahr 1732 eine Zeit lang in Meran auf. Ein Altarblatt mit der Heidentaufe des Hl. Franz Xaver, das Holzer in diesem Jahr wohl im Auftrag der Augsburger Jesuiten malte, ist bezeichnet mit „invenit et pinxit Merano“ - „erfunden und gemalt in Meran“. Holzer hatte sich im September 1731 um die Aufnahme im Benediktinerstift Marienberg beworben und könnte in Meran den Erhalt der - negativen - Antwort abgewartet haben.
Sebastian Haidt aus St. Martin in Passeier war um 1750 als „der freien kunst mahler“ in Meran-Obermais ansässig, wo er Aufträge für sein Heimattal, aber auch für das Ultental erledigte. Auch der Bildhauer Johann Pichler soll längere Zeit in Meran gelebt und dort Kombinationsfiguren aus Elfenbein und Holz für lokale Adlige angefertigt haben.
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