Nikolaus Auer
Die Niederlassung des Meraner Malers Nikolaus Auer (1690-1753) in St. Martin in Passeier um das Jahr 1719 markiert den Beginn der barocken „Passeirer Malerschule“. Nach Peter Denifle und Andreas Alois di Pauli ging Nikolaus Auer im Anschluss an eine Lehre bei Sebastian Perger in Meran zu Fortbildungszwecken nach München, Straubing und Augsburg. In München soll er - gefördert von dem aus Walten im Passeiertal stammenden kurfürstlich bayerischen Hofkammerrat Peter Lechner (auch Petrus von Lehner) - die Gemäldesammlung der Wittelsbacher studiert haben. In Straubing könnte er mit dem Maler Joseph Anton März in Kontakt gekommen sein. In Augsburg trat Auer als erster Schüler des nur zwei Jahre älteren Malers Johann Georg Bergmüller in dessen 1713 eröffnete Werkstatt ein. Spätestens 1719 ließ sich Nikolaus Auer in St. Martin in Passeier nieder, wo er am 25. Juli dieses Jahres Maria Pichler heiratete. Die Angabe Beda Webers, Michael Winnebacher, der Kurat des Dorfes Moos im Hinterpasseier, habe Auer „heimkehrend für Passeier gewonnen“ und ihm sein Geburtshaus „um einen mäßigen Preis“ überlassen, ist insofern nicht ganz zutreffend, als Winnebacher das spätere „Malerhaus“ bereits im Jahr 1716 an seine Haushälterin und Auers spätere Frau Maria Pichler verkauft hatte. Dennoch ist es sehr wahrscheinlich, dass die Niederlassung Nikolaus Auers in St. Martin auf Initiative des Kuraten erfolgte. Dieser könnte den Maler bereits als Lehrling des Sebastian Perger kennengelernt und ihm im Hinblick auf eine spätere Tätigkeit im Passeiertal eine Fortbildung in Süddeutschland ermöglicht haben. Perger kommt als Autor der Bilder der zwei 1704 und 1717 errichteten Bruderschaftsaltäre in der Pfarrkirche von Moos in Frage. Für die Annahme, dass Winnebacher Nikolaus Auer an Peter Lechner empfohlen hat, spricht, dass der Kurat und der kurfürstlich bayerische Hofkammerrat nicht nur beide aus dem Passeiertal stammten, sondern darüber hinaus Cousins waren. Lechner wiederum dürfte Auer an Johann Georg Bergmüller vermittelt haben. Für die von dem Hofkammerrat gestiftete Kirche in Kreuzpullach südlich von München hatte Bergmüller im Jahr 1710 einen seiner ersten größeren Aufträge ausgeführt.
Wie Beda Weber schreibt, verdankte Nikolaus Auer Winnebacher nicht nur einige seiner wichtigsten Aufträge, sondern wurde zum „Hausfreund“, zum „Teilnehmer an Ernst und Scherz seines Gönners“. Im Auftrag beziehungsweise auf Initiative des Kuraten schuf Auer nicht nur das Hochaltarblatt, die Kreuzwegserie sowie das Gemälde mit dem Jüngsten Gericht in der Pfarrkirche von Moos, sondern auch die drei Altarblätter der Pfarrkirche von Platt. Auf dem Votivbild Winnebachers in der Pfarrkirche von Moos hat der Maler die Gesichtszüge des Kuraten überliefert. Arbeiten Auers finden sich freilich nicht nur im Zuständigkeitsbereich Winnebachers, sondern auch in seinem Wohnort St. Martin sowie in St. Leonhard in Passeier. Ein Votivbild für die Gnadenmutter von Riffian enthält ein Selbstbildnis des Malers. Über den Jaufenpass und über das Penser Joch lieferte Auer Altarblätter in die St. Margarethenkirche in Sterzing und in die Pfarrkirche von Pens im Sarntal. Eine zweite Kreuzwegserie gelangte in die Pfarrkirche von Steinegg bei Bozen.
Die handwerkliche Qualität von Nikolaus Auers Gemälden ist durchwegs beachtlich, ihr künstlerischer Originalitätsanspruch jedoch vergleichsweise bescheiden. Bei einer ganzen Reihe von Arbeiten sind die Komposition oder einzelne Figurenmotive eng an fremde Vorbilder angelehnt. Dabei handelt es sich um Werke von Auers Augsburger Lehrer Johann Georg Bergmüller sowie von dessen Münchner Lehrer Johann Andreas Wolff. Auer hat sich während seines Aufenthalts in Süddeutschland einen Vorrat an Kopien von fremden Vorbildern angelegt, von dem er während der gesamten Zeit seiner Tätigkeit im Passeiertal zehren konnte. Auch im Schaffen von Auers Söhnen und Schülern inden sich über den Vater und Lehrer vermittelte Übernahmen aus Werken der süddeutschen Barockmalerei.
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