Joseph Haller
Das Schaffen von Joseph Haller (1737-1773) aus St. Martin in Passeier bildet nicht nur den Höhepunkt der barocken „Passeirer Malerschule“, sondern zugleich eine der Sternstunden der Malerei des Spätbarock oder Rokoko in Tirol. Nach Beda Weber ging Haller von ca. 1752-56 zunächst bei Nikolaus und nach dessen Tod im Jahr 1753 bei Johann Benedikt Auer in die Lehre. Im Anschluss sei er - wie Nikolaus Auer und Johann Evangelist Holzer - nach Augsburg gewandert, wo er sich nachweislich noch im September 1761 aufhielt. Von den um 1760 in Augsburg tätigen Malern weist der in Wien im Umkreis des Tirolers Paul Troger ausgebildete Franz Sigrist stilistisch die engsten Berührungspunkte mit Haller auf. Es ist denkbar, dass Haller als Geselle von Sigrist an dessen Deckenfresken in Zwiefalten und Seekirch mitgearbeitet hat. Wenn Beda Weber schreibt, Haller sei in Augsburg in die Werkstatt eines „Glasmahlers“ eingetreten, so kann damit nur ein Angehöriger des damals in der schwäbischen Reichsstadt blühenden Handwerks der Hinterglasmalerei gemeint sein. Dass sich Haller in Augsburg tatsächlich eine Zeit lang als Hinterglasmaler betätigt hat, belegen zwei in einer Münchner Privatsammlung verwahrte Hinterglasgemälde, die stilistisch aufs Engste mit den für Haller gesicherten Ölbildern und Fresken übereinstimmen. Sie gehören zu den qualitätsvollsten Augsburger Hinterglasgemälden überhaupt.
Spätestens 1764 war Joseph Haller wiederum in St. Martin ansässig. 1766/67 übersiedelte er nach St. Leonhard in Passeier. Haller schuf die Gemälde für eine Reihe von Altären für Kirchen des Passeiertals, deren Skulpturen in der Ferner-Werkstatt entstanden. Sein prominentestes Altarblatt, die „Mantelspende des Hl. Martin“ vom Hochaltar der Pfarrkirche von St. Martin, ist nur als Kopie erhalten. Die Kartuschen mit den Rosenkranzgeheimnissen vom Rosenkranzaltar der Kirche von Rabenstein im Hinterpasseier befinden sich heute im Universalmuseum Joanneum in Graz und in verschiedenen privaten Sammlungen. Anders als die Mitglieder der Malerfamilie Auer war Haller auch in breitem Maßstab als Freskomaler tätig. In Ridnaun und in Neustift im Stubaital schuf er umfangreiche sakrale Deckenfresken. Am Turmhaus in St. Martin und an der Pfarrkirche von St. Leonhard blieben Fassadenfresken erhalten. Hallers besondere Spezialität waren kleinformatige, oft paar- oder serienweise zusammengehörige Kabinettbilder mit religiösen Themen, wie sie etwa für Angehörige des Meraner Adels entstanden sein dürften. Als Haller gerade einmal 36-jährig starb, ließ er die Kulissen des Heiligen Grabes der Pfarrkirche von Moos unvollendet zurück. Joseph Hallers Werke zeigen einen ausgeprägten, unverwechselbaren Personalstil. Besonders charakteristisch sind die leuchtend-bunte Farbigkeit, die runden Gesichter und muskulösen Körper mit den rot und grün gehöhten Inkarnaten sowie der knittrige Faltenwurf der Gewänder.
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